“Tausend mal diskutiert, tausend mal ist nichts passiert”, habe ich Klaus Lages bekannten Liedtitel abgewandelt: Die perfekte Zustandsbeschreibung für das deutsche Gesundheitssystem. Wie können wir das ändern?
Seit über 30 Jahren verfolge ich die Geschehnisse im deutschen Gesundheitssystem. Würde man Kongressideen folgen, wären wir zukunftsfähig, modern, könnten, wie unser Gesundheitsminister Lauterbach sagt, “die Effizienzgewinne ernten, die Digitalisierung freisetzen kann.” Auf der Suche nach den Ursachen werden dann immer die privaten Krankenhausgesellschaften und ihre Profitorientierung angeführt. Nun kann man sicher manches Vorgehen kritisieren. Aber wie wäre es dann mal mit der umgekehrten Blickrichtung, beispielsweise beim Thema DRG. Vor 20 Jahren hat “die Politik”, allen voran unser derzeitiger Gesundheitsminister Lauterbach, die DRGs eingeführt. Das Ziel: dem Verhalten der Krankenhäuser, die Patienten einfach länger liegen zu lassen, um mehr Einnahmen für Krankenhäuser zu generieren, einen Riegel vorzuschieben.
Die DRGs haben gewirkt. Und hier die zweite Hälfte der Wahrheit.
Nüchtern betrachtet: Das hat geklappt. Was nicht geklappt hat, war, dass die Zahl der Krankenhäuser, Prof. Boris Augurzkys Dauerthema seit diesem Zeitpunkt, sich wesentlich reduziert hat. Keine “kalte Bereinigung” also.
Was auch noch fehlt in einer Gesamtbetrachtung, ist, dass die Bundesländer ihrer Verantwortung, die notwendige Investititonsfinanzierung dauerhaft zu gewährleisten, nie, und zwar parteiübergreifend und dauerhaft, NIE, nachgekommen sind.
Jetzt können wir also sagen, die privaten Krankenhausgesellschaft en sind in Sachen ‘”Optimierung der betriebswirtschaftlichen Situation” unternehmerischer vorgegangen als andere. Aber wer den Antworten von Pflegerinnen und Pflegern in privaten, gemeinnützigen und öffentlichen Krankenhäusern lauscht, stellt fest, dass alle über dasselbe klagen: Unterbesetzung, schlechte Arbeitsbedingungen, fehlender Respekt, zu enge Rahmenbedingungen. Die Folge: Raus aus der Klinik (oder rein in ein Zeitarbeitsunternehmen, weil das die Verhandlungsposition und Flexibilität verbessert). Corona hat das Ganze dann noch beschleunigt.
Lauterbach’sche Schnellschüsse werden die Situation nicht ändern.
Jetzt sehen wir uns wieder die aktuelle Situation an: Angekündigt hat Lauterbach eine Strukturreform. Aber vor der Reform kommen jetzt immer mehr Schnellschüsse. Sofortrettungsprogramm für die Kliniken, die Pflege, Sofortprogramme, damit Mütter, Väter und Kinder endlich die Hustensäfte erhalten, die sie benötigen. Und so weiter….
Und alle stellen sich drauf ein; – und erweitern ihre Forderungskataloge an die Politik.
Auch, wenn sie nichts nutzen. Wenn es keine PflegerInnnen mehr gibt, hilft auch keine Gehaltserhöhung. Wenn die Löcher in der ambulanten Versorgung in der Fläche größer werden, sind “Landarztprogramme” das richtige Rezept zur falschen Zeit. Und spätestens wenn ein Ärzteverbandschef Nachbarschafts-Tauschprogramme für Arzneimittel empfielt. …… ; – fällt Ihnen was auf?
Aktionistisch getarnte Hilflosigkeit auf allen Ebenen. Warum?
Wenn der Rahmen und die Rollen nicht mehr passen: Verändern!
Weil niemand an der statischen Governance, dem kleinteiligen Gängeln aller Institutionen und Personen rütteln will. Und weil “die Politik”, sie entschuldigen die Pauschalisierung, lieber Feindbilder aufbaut, statt Probleme zu lösen; – oder, was ich empfehle, Leitplanken zu etablieren, in denen sich neue Verantwortlichkeiten und Lösungen entwickeln können.
Wir fangen einfach mal an, anders drüber zu reden. Und anders zu handeln.
Deswegen braucht es eine “Koalition der Willigen” im Gesundheitswesen, neues Denken, neues Handeln und neue Netzwerke.
Und, sehen Sie das auch so?
Dann schildern Sie, dann schildere doch mal, was Sie, was Dich so umtreibt. Und wo Du die Lösung siehst.
In 2023 können wir es dann anpacken!
P.S. Weil ja nun der Name Lauterbach öfter fiel: Nein, er ist nicht schuld. Er erntet nur, was 20 Jahre Nichts- oder Wenigtun, was 20 Jahre Schönreden angerichtet haben. Wir benötigen einen Blick auf das Gesundheitssystem, das der Komplexität angemessen ist. Das wäre schon mal ein Anfang.